„Die Milch bekommt Konkurrenz. Soja- und Hafermilch statt der guten, alten Kuhmilch: Alternative Produkte laufen den Erzeugnissen der Rinderbauern immer mehr den Rang ab – nicht nur in vermeintlich trendigen Hipster-Gegenden und den Großstädten. Drinks aus Hafer oder Soja beispielsweise haben kräftig an Beliebtheit gewonnen. Bei den hohen Zuwachsraten steigen immer mehr Unternehmen in das Geschäft ein. Die Milchwirtschaft will zugleich das Image der Milch aufpolieren. …“ So die stz auf den Seiten 1 und 22.
Alma, 3, sucht neue Anstellung …
so machte die stz am 06.05.21 ein interessantes Wirtschaftsthema auf.

Auch die Redaktion unseres Mitgliedermagazins hat recherchiert und weil der Agrarbereich zu unseren wichtigen Geschäftsfeldern zählt, hat sie Herrn Dr. Bräutigam, in unserem Haus zuständig für den Agrarbereich, gebeten, dieses Thema für das Mitgliedermagazin aufzubereiten.
Haferdrinks – eine echte Alternative zur Kuhmilch?
Das traditionsreiche Kulturgut Milch ist in Verruf gekommen. Sie sei klima-, umwelt- und gesundheitsschädlich. Deswegen greifen immer mehr Menschen zu pflanzlichen Alternativen – zu Soja-, Reis-, Mandel- und vor allem Haferdrinks. Doch diese sind nicht zwangsläufig umweltfreundlicher und ernährungsphysiologisch wertvoller als Kuhmilch.
Das Verkaufsargument von Haferdrinks ist Nachhaltigkeit. Angegeben wird, dass bei ihrer Herstellung nur ein Drittel der CO2-Emmissionen entsteht und weniger Landfläche beansprucht wird als für die Kuhmilchproduktion. Doch dies greift zu kurz.
Zur Wahrheit gehört: Rinder wandeln für uns unverdauliches Grünfutter zu Milch um. Sie stehen deshalb nicht unmittelbar in Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Weideland macht weltweit 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus und kann häufig nicht anderweitig genutzt werden. Kritisch ist es nur, wenn Kühe viel Kraftfutter erhalten, wofür Ackerland vorgehalten werden muss. Allerdings erhöhen Rinder auch die Ressourceneffizienz, indem sie pflanzliche Nebenprodukte verwerten, die andernfalls entsorgt werden müssten (z. B. Extraktionsschrote). Kühe liefern neben Milch letztlich auch Leder und Fleisch.
Kühe werden als „Klimasünder“ bezeichnet, weil sie Methan ausstoßen. Methan ist 25-mal klimaschädlicher als CO2 und entsteht während der Verdauung von Pflanzen im Vormagen von Wiederkäuern. Methan wird zwar nach vergleichsweise kurzer Zeit in der Atmosphäre zersetzt, trägt bis dahin aber zum Klimawandel bei. Doch Emissionen von Rindern sind als Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs zu verstehen und nicht mit denen fossiler Brennstoffe zu vergleichen. Wiederkäuer sind unsere globalen Landschaftsgärtner – nur sie können artenreiche Grünlandflächen pflegen und diese vor einer Verbuschung und Wiederbewaldung bewahren. Dies ist wichtig, da Grasland humusreich ist und infolgedessen viel CO2 speichert. Der anfallende Rinderdung wiederum fördert den Humusaufbau in Grünland- und Ackerböden. Wer von Kuhmilch auf Haferdrinks umsteigt, spart schlussendlich drei Prozent CO2 ein.
Während für die Produktion eines Liters Kuhmilch 628 Liter Wasser verbraucht werden, liegt der Wasserverbrauch für die Herstellung eines gleichvolumigen Hafergetränks bei 48 Litern. Doch für eine Bewertung des Wasserverbrauchs ist die lokale Verfügbarkeit von Wasser entscheidend. Und Deutschland gehört zu den wasserreichen Ländern. Rinderfutter wächst hierzulande ausschließlich mithilfe der fallenden Niederschläge. Dramatisch ist es bei Mandeldrinks: 80 Prozent der weltweit geernteten Mandeln werden im trockenen Kalifornien angebaut. Um einen Liter Mandelgetränk herzustellen, werden 371 Liter Wasser benötigt. Dabei stammen nur zehn Prozent dieses Wassers aus Regenfällen – der Rest wird Flüssen oder endlichen Grundwasserkörpern entnommen.
Um Hafergetränke herzustellen, werden Haferkörner gemahlen und mit Wasser vermischt. Nach einer Fermentationsphase trennen Zentrifugen die Flüssigkeit von den Pflanzenfasern ab. Durch diese Verarbeitung gehen viele Nährstoffe verloren. Getränke auf Haferbasis sind zwar ballaststoffreich, enthalten aber nur ein Drittel der Eiweißmenge von Kuhmilch. Weil sie außerdem mineralstoff- und vitaminarm sind, eignen sie sich nicht als Nahrungsmittel für Säuglinge und Kinder. Wegen des unbefriedigenden Nährstoffprofils werden industriell hergestellten Hafergetränken Süßungsmittel, Aromen, Stabilisatoren, Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Haferdrinks sind demzufolge hochprozessierte Lebensmittel.
Demgegenüber ist Kuhmilch ein Naturprodukt und eine ausgewogene Quelle für Proteine, Fette, Kohlenhydrate sowie Mineralstoffe und Vitamine. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt deswegen den täglichen Konsum von Milch und Milcherzeugnissen. Behauptungen, dass Kuhmilch ungesund sei, haben sich wissenschaftlich bisher nicht bestätigt. Kuhmilch ist zudem das vielseitigste Nahrungsmittel der Welt und wird nicht nur getrunken, sondern auch als Joghurt, Quark, Butter, Käse, Sahne oder Eis verspeist. Vielleicht ist das der entscheidende Grund, warum pflanzliche Milchalternativen trotz zweistelliger Wachstumsraten nur eine Marktnische besetzen. Ihr Marktanteil wird auf 4,1 Prozent im Jahr 2025 geschätzt.