Solizuschlag gehört abgeschafft

… oder?

Dazu schreibt Andreas Trautvetter, Kleinschmalkalden, ehemaliger CDU-Minister in Thüringen, Präsidiumsmitglied der Fédération Internationale de Bobsleigh et de Tobogganing und Präsident des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland.

Wie ist er eigentlich entstanden?

Von 1990 bis 1994 bekamen die ostdeutschen Länder und Kommunen ihr Finanzausstattung durch einen Fonds Deutsche Einheit, den der Bund, die alten Länder und Kommunen in Westdeutschland refinanzierten. Eine großartige Solidaritätsaktion. Die Verbindlichkeiten des Fonds hat später der Bund übernommen, der zur Finanzierung zusätzliche Prozente aus der Umsatzsteuer bekam. Dafür waren die ostdeutschen Länder noch nicht in den Länderfinanzausgleich eingebunden.

Ab 1995 begann die Einbindung der ostdeutschen Länder in den Länderfinanzausgleich. Zur Finanzierung der strukturellen Defizite wurde der Solidarpakt I (1995 – 2004) und der Solidarpakt II (2005 – 2019) vereinbart. Dazu wurde ab 1995 der Solidaritätszuschlag (bis 1997: 7,5 %, ab 1998: 5,5 %) als Zuschlag auf die Lohn- und Einkommensteuer vereinbart.

Allerdings hatte das entsprechende Gesetz keine Zweckbindung, sondern die Mittel standen frei dem Bundeshaushalt zur Verfügung. Die weit verbreitete Meinung, dass der Solizuschlag eine Abgabe ist, die nur in Westdeutschland erhoben wird und mit der die Investitionen im Osten bezahlt werden, ist falsch. Erstens bezahlen auch alle Steuerzahler im Osten den gleichen Prozentsatz und die Einnahmen waren von Beginn an nicht alleine zweckgebunden für den Aufbau Ost vorgesehen.

Für beide Solidarpakte stellte der Bund insgesamt 251 Mrd. € zur Verfügung. Aus dem Solizuschlag hat der Bund in der gleichen Zeit insgesamt 330 Mrd. € eingenommen. Derzeit sind es rund 19 Mrd. € jährlich.

Alleine aus diesem Grund sollte der Solizuschlag abgeschafft werden. Die jetzigen Entscheidungen der Bundesregierung entlasten die kleinen bis mittleren Einkommen um ca. 11 Mrd. durch seine komplette oder teilweise Abschaffung. Dem Bund verbleiben immer noch jährlich 8 Mrd. €. Was hat diese Einnahme aber noch mit dem ursprünglichen Solizuschlag zu tun? Nichts!

Deutschland steht allerdings vor großen strukturellen Herausforderungen. Der Atomausstieg hinterlässt das ungeklärte Problem der Endlagerung radioaktiven Abfalls, der Kohleausstieg hat sehr hohe Umstrukturierungskosten zur Folge.

Wäre es nicht an der Zeit, einen Infrastrukturausgleichsfonds zu gründen, der allen Regionen in unserem Land bei Bedarf zur Verfügung steht. Diesen könnte man zweckgebunden aus einem Zuschlag aus der Lohn- und Einkommenssteuer speisen? Man sollte diesen Zuschlag dann auch so benennen, dafür aber den Solizuschlag komplett zum heutigen Zeitpunkt abschaffen. Die jetzigen 8 Mrd. € Restsoli jährlich für den Bundesfinanzminister wären doch einen gute Basis.